Regionale Stadtkernentwicklung

Eine Erzählung nach einer wahren Begebenheit

Es war einmal ein junger Mann, der mit seiner damals noch kleinen Familie ins Umland einer Großstadt zog. Er war nicht nur gerade Vater seines ersten Sohnes geworden, sondern auch Unternehmer aus Leidenschaft. Da er als Dienstleister sein Firmenwachstum nicht als oberstes Ziel sah, war er aus Überzeugung EPU … ein Ein-Personen-Unternehmen.

Jeden Tag staute er sich zur Stoßzeit mit seinem Pkw in sein Stadtbüro. Arbeits- und Lebenszeit kostete diese tägliche Reise. Viele Dokumente und Schriftverkehr wurden auf Papier gedruckt und persönlich zum Kunden gebracht oder per Post versandt.

Aber eines Tages dachte er sich, dass dies für ihn sowie für die Umwelt keine nachhaltige Situation sei. Es musste doch möglich sein, Veränderungen vorzunehmen, welche den ökologischen Fußabdruck verkleinern und sogar einen Mehrwert für sich persönlich und sein Unternehmen bringen würden.

Daraufhin überlegte er, wie er seinen Betrieb an das elektronische Zeitalter und die Herausforderungen des Klimawandels anpassen könne und nebenbei noch seine Work-Life-Balance optimieren könne.

Und dann stellte er sein Unternehmen sowie seine Arbeitsprozesse komplett auf den Kopf und überzeugte seine KlientInnen, diese Reise mit ihm zu gehen.

Schlussendlich nutzte er die fortschreitende Digitalisierung und begann seine KundInnen vermehrt digital zu betreuen. Über mehrere Kanäle der sozialen Medien, per E-Mail aber auch weiterhin telefonisch ist er stets für seine Klienten erreichbar. Das Großstadtbüro gab er komplett auf und ersparte sich und der Umwelt den täglichen Stau im Früh- bzw. Abendverkehr. Seither bündelt er Kundentermine, welche einen persönlichen Kontakt mit überregionalen Pkw-Fahrten benötigen, an einem Werktag. Regionale Termine werden mit dem Fahrrad oder dem E-Scooter absolviert. Im Zuge dieser Umstellung gelang es auch, das nun bei ihm zu Hause ansässige Büro fast gänzlich papierlos zu machen. Sämtliche Schriftstücke und auch Dokumente werden digital erstellt, versandt und anschließend datensicher archiviert, ohne auch nur ein Stück echtes Papier zu ver(sch)wenden. Falls Werbematerial zum Einsatz kommt, wird dieses ebenfalls zielgerichtet an die Klienten digital versandt und nicht in Massen, nach dem Gießkannen-Prinzip, verteilt. Seine KlientInnen schätzen nun seit Jahren die Mischung aus unkomplizierten digitalen Prozessen sowie persönlicher Betreuung.

Geförderte Geschäftsflächen

Was braucht eine ländliche Großgemeinde, um ihrem Ortskern nicht beim Aussterben zusehen zu müssen? Kostenlose Freiräume.

Als Unternehmer in einer kleinen Marchfeldgemeinde kann ich nur sagen, dass es viele Gewerbetreibende gibt, welche auf Grund ihrer Kostenstruktur kein eigenes Geschäftslokal finanzieren können, sich aber gerne in der Öffentlichkeit präsentieren würden. Wenn man sich das Firmenbuch oder Gewerberegister ansieht, merkt man, wie viele vorwiegend kleine Unternehmen in Wohnungen oder privaten Häusern betrieben werden. Um diese HeldInnen aus ihren Häusern zu locken, ist es wichtig, geförderte Geschäftsflächen anzubieten.

Grün.Enzersdorf macht’s möglich

So sollte Grün.Enzersdorf versuchen, Geschäftsflächen in seinem Eigentum zu halten oder zumindest für seine Zwecke nutzen zu können – mit langfristigen Pachtverträgen gegenüber den Eigentümern. Vorteil für die Eigentümer ist eine langfristige Vermietung an einen bonitätsstarken Mieter wie eine Stadtgemeinde. Dies ermöglicht einer Gemeinde, JungunternehmerInnen und/oder KünstlerInnen zu Beginn kostenlos und dann mit ansteigender Miete, Geschäftsflächen zur Verfügung zu stellen.  Etwa in Form eines Co-Working Space oder eines vorübergehenden Pop-Up-Stores, in dem einer oder mehrere Unternehmer sich ein Geschäftslokal teilen und sich so bei Öffnungszeiten und Urlaubsvertretungen unterstützen können.

Wohlfühloasen für KundInnen

Es braucht aber nicht nur die UnternehmerInnen und deren Geschäfte, sondern auch die Gäste und KundInnen, die dort Zeit verbringen wollen. Im urbanen Raum hat heute fast jedes Geschäft einen kleinen Vorgarten, in dem dessen Waren angeboten werden und gleichzeitig ein kleiner Wohlfühlplatz mit Ruhezone bzw. Grünoase entsteht. Ehemalige Parkplätze sind dafür perfekt. Dies ist dann auch gleich die Grundlage für eine Flaniermeile bzw. für eine zukünftige Begegnungszone. Der Kirchenplatz sowie der Haupt- bzw. Marktplatz von Groß Enzersdorf wären perfekte Orte für dieses Vorhaben, vorausgesetzt, der extreme Verkehr würde nicht den Ortskern belasten.

Die Plätze im Ortskern hätten dann noch mehr Bäume, Sträucher, Bänke, Schanigärten, Wiesen, Ausstellungs- bzw. Marktflächen und vieles mehr. Wenn man diese Spirale in Gang setzt, wird der unternehmerische Zulauf ins Ortszentrum wieder gestartet.

Mathias Gartner

Foto: © Louis Hansel/Unsplash